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Aktuelle Ergebnisse der Krebsforschung am WTZ
Die Erkenntnisse der Grundlagenforschung der vergangenen Jahrzehnte können vermehrt in neue Diagnose- und Behandlungsverfahren für Patienten mit Krebserkrankungen umgesetzt werden.
In diesem relativ jungen Gebiet der „translationalen Krebsforschung“ spielt das Westdeutsche Tumorzentrum am Universitätsklinikum Essen in der „ersten Liga“. Dies wird durch mehrere aktuelle Veröffentlichungen eindrucksvoll bestätigt, in denen Forschungsergebnisse der Inneren Klinik (Tumorforschung) zur zielgerichteten Behandlung von Patienten mit Lungenkrebs und zur Entwicklung einer neuen Behandlungsstrategie gegen resistente Tumore berichtet werden. Die internationale Studie LUX-Lung 3 verglich bei 345 Patienten mit metastasiertem Lungenkrebs, deren Tumor eine Mutation des EGFR-Gens aufwies, die Wirkung einer Tablettentherapie mit Afatinib, einem neuen, irreversiblen Hemmstoff der Signaltransduktion, mit einer hoch wirksamen Chemotherapie bestehend aus Cisplatin und Pemetrexed. Dabei zeigte sich eine deutliche Überlegenheit der Behandlung mit Afatinib. Die Gruppe der Patienten, die mit Afatinib behandelt wurden, wies eine fast doppelt so lange mittlere Zeit ohne Tumorwachstum auf, als die Gruppe der Patienten unter Chemotherapie (1). Ebenso wichtig war, dass die Behandlung mit Afatinib Beschwerden des metastasierten Lungenkrebses, wie zum Beispiel Luftnot, Schmerzen oder Hustenreiz, deutlich besser und länger kontrollieren konnte (2). „Diese wichtige Studie zeigt, dass Patienten mit durch den Biomarker EGFR-Mutation charakterisierten Lungenkrebserkrankung durch eine verlängerte Zeit mit hoher Lebensqualität von dem neuen Krebsmedikament Afatinib profitieren“ so Professor Martin Schuler, Direktor der Inneren Klinik (Tumorforschung) und Mitglied der internationalen Steuerungsgruppe der Studie. „Dies bestätigt unsere seit dem Jahre 2008 konsequent verfolgte Strategie, allen Patienten mit metastasiertem Lungenkrebs, die sich am Westdeutschen Tumorzentrum behandeln lassen, eine umfassende Biomarkeranalyse anzubieten. Vielen Patienten kann auf diese Weise der Zugang zu neuen, zielgerichteten Krebsmedikamenten im Rahmen wissenschaftliche kontrollierter Arzneimittelprüfungen ermöglicht werden“. Derartige zielgerichtete Therapien können sehr erfolgreich das Wachstum metastasierter Tumorerkrankungen mit bestimmten Merkmalen hemmen. Bei anderen Tumoren bleibt dieser Erfolg hingegen aus. Eine häufige Ursache der Resistenz von Tumoren gegen Antikörper oder Hemmstoffe des epidermalen Wachstumsfaktorrezeptors (EGFR) sind aktivierende Mutationen der RAS-Onkogene. Diese Veränderungen finden sich bei mehr als 30% aller menschlichen Tumorerkrankungen und waren bislang schwer zu behandeln. In einem gemeinsamen Forschungsprojekt konnten die Arbeitsgruppen von Dr. Christian Ottmann vom Chemical Genomics Center der Max-Planck-Gesellschaft in Dortmund, Professor Nobuo Kato von der Kyoto Universität in Japan und Professor Martin Schuler vom Westdeutschen Tumorzentrum in Essen eine neue Strategie entwickeln, um Tumore mit RAS-Mutationen erfolgreich zu behandeln (3). Dr. Ottmann und seine Mitarbeiter fanden in aufwändigen Untersuchungen heraus, dass der von Professor Kato entdeckte Naturstoff Cotylenin-A das Zusammenspiel verschiedener Signalübertragungsmoleküle in Tumorzellen beeinflusst. Dr. Stefan Kasper und Professor Martin Schuler übertrugen diese Erkenntnisse in ihrer Arbeitsgruppe am Westdeutschen Tumorzentrum in Modelle RAS-mutierter Tumore. Im Ergebnis konnten RAS-mutierte Tumore durch eine kombinierte Behandlung mit Cotylenin-A und dem Antikörper Cetuximab erfolgreich im Wachstum gehemmt werden. „Diese Arbeit zeigt einen neuen Weg auf, wie vielen Patienten mit RAS-mutierten Tumoren geholfen werden könnte“ erklärt Dr. Stefan Kasper. „Cotylenin-A hat ein völlig neuartiges Wirkungsprinzip und kann somit als Startpunkt für die Entwicklung viel versprechender Krebsmedikamente dienen“ ergänzt Professor Martin Schuler.
Zitierte Veröffentlichungen (1) Lecia V. Sequist, James Chih-Hsin Yang, Nobuyuki Yamamoto, Kenneth O’Byrne, Vera Hirsh, Tony Mok, Sarayut Lucien Geater, Sergey Orlov, Chun-Ming Tsai, Michael Boyer, Wu-Chou Su, Jaafar Bennouna, Terufumi Kato, Vera Gorbunova, Ki Hyeong Lee, Riyaz Shah, Dan Massey, Victoria Zazulina, Mehdi Shahidi, and Martin Schuler: Phase III Study of Afatinib or Cisplatin Plus Pemetrexed in Patients With Metastatic Lung Adenocarcinoma With EGFR Mutations. Journal of Clinical Oncology 2013 [Epub ahead of print]
(2) James Chih-Hsin Yang, Vera Hirsh, Martin Schuler, Nobuyuki Yamamoto, Kenneth J. O’Byrne, Tony S.K. Mok, Victoria Zazulina, Mehdi Shahidi, Juliane Lungershausen, Dan Massey, Michael Palmer, and Lecia V. Sequist: Symptom Control and Quality of Life in LUX-Lung 3: A Phase III Study of Afatinib or Cisplatin/Pemetrexed in Patients With Advanced Lung Adenocarcinoma With EGFR Mutations. Journal of Clinical Oncology 2013 [Epub ahead of print]
(3) Manuela Molzan, Stefan Kasper, Lars Röglin, Malgorzata Skwarczynska, Takeshi Sassa, Takatsugu Inoue, Frank Breitenbuecher, Junko Ohkanda, Nobuo Kato, Martin Schuler, and Christian Ottmann: Stabilization of Physical RAF/14-3‑3 Interaction by Cotylenin A as Treatment Strategy for RAS Mutant Cancers. ACS Chemical Biology 2013 [Epub ahead of print]
Das Westdeutsche Tumorzentrum (WTZ) am Universitätsklinikum Essen ist eines der 12 Onkologischen Spitzenzentren der Deutschen Krebshilfe. Als größtes Tumorzentrum in Deutschland zeichnet sich das WTZ insbesondere durch seine enge Verknüpfung von Krebsforschung und Patientenversorgung aus. Als einer von 8 Partnerstandorten des Deutschen Konsortiums für Translationale Krebsforschung (DKTK) ist das WTZ ein international führendes Zentrum der angewandten und translationalen Krebsforschung. Seit ihrer Gründung im Jahre 1967 ist die Innere Klinik (Tumorforschung) des Universitätsklinikum Essen die größte universitäre Einrichtung für Diagnostik und medikamentöse Behandlung von Patienten mit Krebserkrankungen in Deutschland. Ein besonderer Schwerpunkt der Klinik liegt in der Entwicklung und wissenschaftlich kontrollierten Erprobung neuer Krebsmedikamente.
Kontakt:
Präklinische, klinische und translationale Forschung:
- Univ.-Prof. Dr. Martin Schuler
- Dr. Jens Köhler
Klinische Forschung:
- Dr. Wilfried Eberhardt
Translationale Forschung:
- Dr. Daniel Christoph
Westdeutsches Tumorzentrum
Innere Klinik (Tumorforschung)
Universitätsklinikum Essen
Hufelandstraße 55
45147 Essen
www.uk-essen.de/tumorforschung